Freilichtmuseum „Von-Velen-Anlage“ am Papenburger Obenende, Splitting rechts 56

Freilichtmuseum Von-Velen-Anlage, Geschichte hautnah erleben

Am 17. April 1631 erwarb der Drost Dietrich von Velen das „Gut Papenborg“ als Lehen. Sein Ziel war es, die umliegenden Moore zu erschließen, um auf den abgetorften Flächen Landwirtschaft zu betreiben. Dazu ließ er nach holländischem Vorbild eine Fehnkolonie anlegen. Von der Ems ausgehend wurden im Laufe der Jahre Kanäle von insgesamt 43 Kilometern Länge ausgegraben. Neben der Entwässerung des Moores dienten sie gleichzeitig als Wasserstraßen. Ein im Jahre 1639 in den Emsdeich gebautes Sieltor öffnete den Weg zur Ems und damit zur Nordsee. Mit einfachen Plattbodenschiffen transportierten die Siedler den abgebauten Torf zunächst zu den ostfriesischen Ziegeleien und später zu den Städten Emden, Bremen und Hamburg.

» mehr anzeigen

Die ersten Siedler

Die mit Hilfe von Werbebriefen herbeigerufenen Siedler erhielten vom Drosten eine Plaatze, ein Stück Moor von ca. 40.000 m² (ca. 80 m breit und 500 m lang). Zudem waren die Siedler für 5 bis 10 Jahre von jeglicher „Schatzung“ frei. Die Siedler errichteten auf dem Hochmoor zunächst einfache, fensterlose Behausungen aus Birkenstämmen, Reisig und Heideplaggen. In der Mitte der Kate befand sich die Kochstelle.

Um der ständigen Brandgefahr zu begegnen, wurde später ein feuerfester Giebel aus Ziegelsteinen aufgemauert. An seiner Innenseite befand sich zwischen zwei Fenstern eine mit Steinen ausgelegte offene Feuer- und Kochstelle mit einem feuerfesten Schornstein.

Die Einrichtung der Heidekaten war äußerst dürftig. In der aus ungehobelten Brettern zusammengezimmerten Schlafbutze bildeten Strohsack und Schaffell das Bettzeug. Ein grob gezimmerter Tisch, eine einfache Holzbank, manchmal ein Regal für das Kochgeschirr und Holzkisten für die Kleidung bildeten die spärliche Inneneinrichtung. Mensch und Vieh, Schafe, Ziegen und Hühner teilten sich den Wohnraum. Die Zahl der Kinder – 8 bis 13 und mehr – war groß. Es gab keine Heizung, kein elektrisches Licht und fließendes Wasser. Nässe, Kälte, Krankheiten, Hunger und Tod waren ständige Lebensbegleiter der Siedler. „Den ersten sien Dod, den Twedden sien Not, den Dridden sien Brot!“ (Dem Ersten sein Tod, dem Zweiten sein Not, dem Dritten sein Brot).

Nachdem der Siedler am Kopfende seiner Plaatze den Kanal ausgegraben hatte und das Moor entlang des Kanals bis auf den Sandboden abgeräumt worden war, errichteten die Torfgräber dort ihre ersten festen, aus Ziegelstein gemauerten Häuser. Wohnraum und Stallungen für das Vieh wurden nun voneinander getrennt. Im Gegensatz zu den Moorkaten boten sie schon eine gewisse Behaglichkeit, die man im alten Torfstecherhaus und Muttschifferhaus spüren kann.

Mühsam war die Arbeit des Torfstechens. Mit dem „Sticker und Jaoger“ stachen die Siedler von Mai bis August fast täglich ein „Dagwark“ Torf, ca. 12.000 Torfstücke. Der nasse Torf wurde auf einer Karre oder einer kleinen Kipplore in den „Slag“ gekarrt, -„kruiden“-, wo er zum Trocknen aufgeringt wurde. Mit Hilfe einer „Kreite“ trug man ihn später auf die Torfschiffe wie „Prahm“, „Tjalk“ oder „Muttschiff“.

„Jan treck an!“ lautete der Ruf des Steuermannes, der am Schiffsheck mit dem „Trillkeboom“ das Schiff durch die Kanäle steuerte, während „Jan“ dieses an einem langen Seil treidelte. Das Ziehen des Schiffes war oft auch die Arbeit der Frauen.

Schiffbau und Seefahrt

Allmählich hielt der Wohlstand seinen Einzug. Gegen Ende des18. Jahrhunderts fanden viele Papenburger Arbeit und Einkommen im Schiffbau. Schoner, Brigg, Bark, Tjalk, Prahm, Schuten und Muttschiffe wurden in großer Zahl gebaut. Insgesamt gab es zur Blütezeit des Werftwesens in Papenburg 23 Werftanlagen. Auf einer längs des Kanals errichteten „Helling“ wurde das Schiff auf Kiel gelegt. Spanten, Wanten und Planken wurden dort zu einem seetüchtigen Schiff miteinander verbunden. Nach dem Wegschlagen der Klampen glitt das fertige Schiff zu Wasser.

Das Haus „Bid Klamphauer“, Werkstatt und Wohnhaus eines ehemaligen Schiffzimmerermeisters, ist mit der dazu gehörigen Helling ein beredter Zeuge dieser Zeit. Nach Verbreiterung des Sieltores im Jahre 1769 war der Seeweg zu fernen Kontinenten und großen Hafenstädten offen. Papenburg wurde zu einer bedeutenden Seefahrerstadt. Aus Muttschiffern wurden Hochseekapitäne, aus Torfstechern Werftbesitzer und Schiffbauer.

» weniger anzeigen

Auf einem mit 16 Hinweisstelen gekennzeichneten Rundgang wird anschaulich die Entwicklung der Stadt Papenburg von 1631 bis 1900 dargestellt. Außerdem befindet sich auf dem Museumsgelände eine permanente Ausstellung “Dreimastschoner Johanna – eine wahre Geschichte der See” (17).
>>> Video Rundgang Freilichtmuseum, 2 min